Der Merkur ist der kleinste, schnellste und sonnennächste Planet. Er ist zudem schwierig zu erforschen. Bisher fand noch keine Landung – mit Ausnahme eines gezielten Absturzes – auf ihm statt. Dennoch konnte er bereits bei Vorbeiflügen kartographiert werden und ist in seiner Zusammensetzung und seinem wahrscheinlichen Aufbau gut bekannt.
Der Merkur ist nach dem römischen Schutzpatron der Händler und Diebe benannt. Mercurius ist dabei das Pendant zum griechischen Hermes – dem (schnellen) Götterboten. Die Eigenschaft des Vorbeieilens hat dem Merkur seine Assoziation mit eben jenen Göttern eingebracht, denn er bewegt sich besonders schnell am Himmel.
Grundsätzliche astronomische Daten zum Merkur
Der Merkur hat einen Durchmesser von 4.879,4 Kilometern und ist somit der kleinste Planet im Sonnensystem. Der Durchmesser entspricht dabei nur circa 40 Prozent des Erddurchmessers. Der Gesteinsplanet zählt dennoch zu den erdähnlichen Planeten. Der mittlere Abstand zur Sonne beträgt 58 Millionen Kilometer oder 0,387 AE.
Die mittlere Dichte des Merkurs ist für seine Größe vergleichsweise hoch und beträgt 5,43 g/cm3 (Erde: 5,52 g/cm3). Er besteht zu 65 Volumenprozent und zu 70 Massenprozent aus einem Eisen-Nickel-Kern, der beim Merkur in Relation zu seiner Gesamtgröße sehr ausgedehnt ist.
Der Merkur verfügt über keinerlei Mond. Es gilt auch als sehr wahrscheinlich, dass er niemals einen besessen hat. Es gibt allerdings eine weit verbreitete Theorie, die besagt, dass der Merkur selbst einmal der Trabant der Venus gewesen sein könnte. Dies würde bei selbiger die Abwesenheit eines Trabanten erklären und auch, warum der Merkur auf seiner Oberfläche dem Erdmond stark ähnelt.
Bewegungen des Merkur
Der Merkur bewegt sich am schnellsten um die Sonne und benötigt dafür knapp 88 Tage. Dabei ist er im Mittel knapp 58 Millionen Kilometer von der Sonne entfernt, kommt ihr im Verlauf seiner Bahn aber auf insgesamt 46 Millionen Kilometern Abstand deutlich näher. Der sonnenfernste Punkt liegt sogar 69,8 Millionen Kilometer entfernt, weshalb die Merkur-Bahn sehr stark elliptisch ist. Zudem ist die Bahnebene gegenüber der Erdbahnebene um sieben Grad gekippt, was ebenfalls ein sehr hoher Wert ist. Die Umlaufbahn des Merkur ist also als stark elliptisch – und in Relation zur Umlaufbahn der Erde – stark gekippt zu bezeichnen. Solche Extreme sind sonst nur von Zwergplaneten bekannt.
Das Gesamte Gefüge zwischen den Gravitationen von Sonne und Merkur wird durch die anderen Planeten gestört. Dies führt zu dem Effekt, dass der Merkur keine perfekten Ellipsen durchläuft, sondern diese Ellipsen immer weiter „nach rechts“ im Kreis wandern – was zu einer Rosettenform führt. Dabei wird eine solche Rosette binnen 225.000 Jahren durchlaufen, was 930.000 Umläufen des Planeten um die Sonne entspricht.
Ein Tag auf dem Merkur ist mit 175,938 Tagen exakt doppelt so lang wie der Zeitraum für zwei Umdrehungen um die Sonne. Dies führt unter anderem zu dem Effekt, dass nach einer dritten Umdrehung die Sonne am genau gegenüber liegenden Ende des Merkur aufgeht. Die Rotationsachse des Merkurs ist zudem um lediglich 0,01 Grad gekippt, was beispielsweise Jahreszeiten, wie sie auf der Erde bekannt sind, nicht zulässt. Die „Jahreszeiten“ des Merkur werden vielmehr durch seinen stark variierenden Abstand zur Sonne bedingt.
Atmosphäre und Oberfläche
Die gesamte Atmosphäre des Merkur wiegt lediglich circa 1.000 Kilogramm (Erde: 5,15 x 10^18 Kilogramm; 5.15 Trillionen Kilogramm) und ist somit deutlich weniger dicht als jedes bekannte Vakuum. Von einer Atmosphäre im eigentlichen Sinne kann deshalb auch nicht gesprochen werden. Es handelt sich vielmehr um aus den Gesteinen herausgelöste Gase, welche kurz aufsteigen und sich aufgrund von Sonnenwinden wieder verflüchtigen. Es gibt keine stabile Atmosphäre auf dem Merkur.
Wasserstoff (22 Prozent) und Helium (6 Prozent) stammen wohl sogar vom Sonnenwind und Sauerstoff (42 Prozent) und Natrium sowie Kalium aus dem Planeten selbst. Eine ursprünglich mal vorhandene Atmosphäre, die vor allem auf das Erkalten des Planeten vor einigen Milliarden Jahren zurückzuführen gewesen sein wird, ist mittlerweile verloren gegangen.
Die Temperatur beträgt auf dem Merkur im Mittel 167 Grad Celsius. Eine Maximaltemperatur von 460 Grad Celsius wird am sonnennächsten Punkt erreicht, während am sonnenfernsten Punkt auf der der Sonne abgewandten Seite lediglich -170 Grad Celsius gemessen werden. Damit hat der kleine Gesteinsplanet die höchsten Temperaturschwankungen aller Planeten vorzuweisen.
Die Oberfläche des Planeten ist ein wenig dunkler als die des Mondes und wirft nur circa sechs Prozent des Lichtes zurück (Mond: sieben Prozent). Der Merkur besteht vor allem aus dunklem Gestein und ist von zahlreichen Formationen und Kratern übersät. Es gibt keine tektonischen Aktivitäten auf dem kleinen Planeten, wohl aber Vulkanismus. Dabei ist auf dem Merkur zu sehen, dass verschiedene Spuren geologischer Ereignisse sich überlappen, weshalb eine zeitliche Abfolge von Ereignissen gut rekonstruiert werden kann.
Prägend für die Gestalt des Merkur ist die hohe Anzahl an Kratern, die das poröse, dunkle Gestein der Oberfläche übersäen. Diese Krater sind enorm gleichmäßig verteilt, was darauf schließen lässt, dass die jetzige Oberfläche des Merkur schon sehr alt sein muss. Zudem besitzt der Merkur keinen natürlichen Schutzschild vor Einschlägen durch eine Atmosphäre; Objekte landen also nahezu ungebremst auf dem Planeten und verglühen auch nicht auf dem Weg. Der größte Einschlagskrater hat einen Durchmesser von 716 Kilometern.
Derzeit sind circa 95 Prozent der Oberfläche kartographiert. Das größte bekannte Gebilde auf dem Merkur trägt den Namen „Caloris Planitia“, welches nördlich des Äquators liegt und ein nahezu kreisförmiges Becken geringer Tiefe ist. Es erstreckt sich über mehr als 1.500 Kilometer. Besonders wird dieser große Krater dadurch, dass sich um ihn herum noch weitere aufgeworfene Wälle aus Gestein finden lassen. Diese legen nahe, dass das einschlagende Objekt eine Größe von gut 100 Kilometern gehabt haben dürfte. Auf der genau gegenüberliegenden Seite findet sich – vermutlich aufgrund eben jenes Einschlags – eine Formation von circa einem Kilometer hohen Hügeln, welche sich unregelmäßig auf eine Fläche verteilen, die so groß ist wie Caloris Planitia. Der Einschlag war nach dieser Theorie so heftig, dass er also die andere Seite des Planeten mit betroffen hat – bei einem Objekt von 100 Kilometern Durchmesser, welches ungebremst auf den Planeten trifft, ist dies ohne Weiteres denkbar.
Insgesamt ist die Oberfläche des Merkur mit der des Mondes vergleichbar: Geprägt werden die Ebenen durch die Mare (mit Lava aufgefüllte Becken), welche sich auch zahlreich auf dem Erdtrabanten finden lassen.
Einzigartig für den Merkur sind bis zu zwei Kilometer hohe Steilwände, welche sich über viele hunderte Kilometer erstrecken und nur dann und wann durch Krater oder andere Strukturen unterbrochen werden. Die Erklärung für das Zustandekommen dieser auffälligen Formationen ist ein Schrumpfen des Planeten. Je nach Berechnung muss sein Durchmesser sich um vier bis vierzehn Kilometer verringert haben. In Anbetracht des Gesamtdurchmesser erscheint dies gering, jedoch macht dies bei einer nur wenige Kilometer dicken Kruste einen großen Unterschied. Vermutlich ist die Kontraktion dabei auf das Abkühlen des Planeten selbst oder aber auf die Gezeitenkräfte der recht nahen Sonne zurückzuführen.
Innerer Aufbau
Der innere Aufbau des Merkur ist nicht bestätigt, aber anhand von Messungen wurde ein Modell entworfen, das den Planeten vor allem auf einen großen Eisen-Nickel-Kern mit dünnem Mantel und dicker Kruste reduziert. Der Kern soll dabei größer als der Erdmond sein. Der Mantel soll circa 30 Prozent der Masse ausmachen (Erde: 62 Prozent) und die Kruste soll circa zehn Kilometer dick sein. Letztere soll vor allem aus Feldspat und verschiedenen Mineralien bestehen. Am nächsten kommt dem das von der Erde bekannte Basalt-Gestein. Der Mantel soll aus Silikaten bestehen.
Warum der Eisengehalt des Merkur so hoch für seine Größe ist, ist nicht abschließend geklärt. Die gängigen Theorien gehen allerdings allesamt davon aus, dass der Merkur früher einen für die bekannte Himmelskörper „typischeren“ Eisenanteil gehabt haben dürfte. Dies bedeutet, dass der Merkur früher schwerer (und womöglich größer) war. Eisen sinkt gemäß dessen, dass es von allem Elementen, die in beträchtlichen Mengen im Universum überhaupt vorkommen, sehr schwer ist, immer ins Innere von Himmelskörpern.
Postuliert wird daher, dass der ursprünglich „normale“ Merkur seinen Mantel oder Teile seiner Kruste einbüßte. Dies kann beispielsweise durch Erosion durch die Sonnenwinde, durch heftige Einschläge oder durch schlichtes Verdampfen vonstatten gegangen sein. Denkbar ist auch das Vorbeistreifen eines anderen, größeren Planeten vor einigen Milliarden Jahren, der den Mantel des Merkur durch seine Gravitation mitriss.
Fest steht nur, dass die momentane Kruste des Merkur (und damit auch der Mantel) schon sehr alt sein müssen. Es wird hier von mindestens 3,8 Milliarden Jahren ausgegangen. Entsprechend muss das Ereignis, welches den hohen Eisengehalt erklärt, länger zurückliegen.
Der Merkur besitzt überdies als einziger Gesteinsplanet neben der Erde ein eigenes Magnetfeld, welches allerdings sehr viel schwächer ist als das der Erde. Dies ist aufgrund der sehr langsamen Rotation des Planeten erstaunlich. Hierfür ist das Vorhandensein von flüssigen Metallen im Kern vonnöten – eine Eigenschaft, die dem Merkur abgesprochen wurde. Messungen deuten allerdings darauf hin, dass zumindest ein sehr kleiner Anteil des Kerns noch flüssig – und daher nicht völlig abgekühlt – sein muss.
Mögliches Vorhandensein von Eis
Es ist denkbar, dass es auf dem Merkur Eis gibt. Zwar wird der Planet im Mittel sehr heiß, jedoch steht er auch nahezu senkrecht auf seiner Rotationsachse. Dies bedeutet, dass es an den Polen Krater gibt, deren Inneres zu jedem beliebigen Zeitpunkt im Schatten liegt, was eine entsprechende Kälte erhalten kann.
Sollten also Meteoriten oder andere Einschlagskörper einst Eis auf den Merkur gebracht haben, dürfte sich dieses an den Polen in den Kratern finden lassen. Auch wurden winzige, organische Molekülverbindungen gefunden, die jedoch auch genauso gut von anderen Objekten stammen können, die auf dem Merkur aufgeschlagen sind.
Insgesamt gilt der Merkur aufgrund der Tatsache, dass er im Grunde nicht viel mehr als ein heißer Gesteinsball mit starken Temperaturschwankungen ist, als lebensfeindlich.
Beobachtung und Forschung
Der Merkur war bereits den Sumerern (3.000 v. Chr.) bekannt, womöglich wurde er aber auch schon früher wahrgenommen. Zwar ist der Merkur schwierig zu erkennen, er ist bei guten Sichtverhältnissen in der Dämmerung links oder rechts der Sonne zu erkennen. Er geht immer vor ihr auf oder nach ihr unter. Dabei befindet er sich aufgrund seiner Umlaufbahn niemals weit von der Sonne entfernt. Er ist mit bloßem Auge indes nur bei einer totalen Sonnenfinsternis zu erkennen.
Der Merkur ist über längere Zeitabschnitte auch kaum zu erkennen, weil er zu nahe an der Sonne ist und einfach überstrahlt wird. Gelegentlich lässt sich unter günstigen Bedingungen auch ein Merkur-Transit beobachten.
Die eher ungewöhnliche Umlaufbahn des Planeten war für die Astronomen vergangener Epochen eine große Herausforderung: Mit den gängigen Modellen – auch mit denen von Kepler – ließ sich die Bahn des Merkur zwar berechnen, aber die Beobachtung stimmte nicht mit der Berechnung überein. 1859 wurde aufgrund der elliptischen und rechtsläufigen Bahn daher postuliert, dass es noch einen Planeten noch näher an der Sonne geben müsse, der den Merkur so weit beeinflusst. Erst Einsteins Relativitätstheorie brachte den entscheidenden Beitrag, um die Bahn richtig zu erklären.
Da der Merkur in einer für Raumsonden und Geräte sehr ungünstigen Umgebung liegt (es ist heiß und die Sonnenwinde sind stark), ist die Erforschung schwierig und unwirtschaftlich. Zudem befindet sich der Merkur so nahe an der Sonne, dass Sonden sich bereits im Gravitationsfeld der Sonne befänden, wenn sie in seiner Nähe wären. Das heißt, dass sie bei „Stillstand“ in die Sonne fallen würden. Sie brauchen entsprechend mehr Treibstoff (Energie), um sich in einer gezielten Bahn zu halten. Da der Planet überdies auch keine Atmosphäre hat, ist ein Abbremsen beim Landen nur durch eigene Triebwerke möglich.
Entsprechend ist der Merkur wenig erforscht, wohl aber sehr gut kartographiert. 1974 bis 1975 flog Mariner 10 dreimal am Merkur vorbei und kartographierte dabei immer die gleiche Seite (die Flugbahn wurde entsprechend berechnet). Dadurch wurden vorerst 95 Prozent der Oberfläche dargestellt, ehe die Sonde ihren Betrieb einstellte.
Die Messenger erreichte den Merkurorbit 2011 und kartographierte insgesamt 95 Prozent der Oberfläche. Die Sonde nahm diverse Messungen, unter anderem bezüglich des Magnetfeldes, der Gravitation und der möglichen Zusammensetzung der Gesteine vor. Am 30. April 2015 wurde das Gerät gezielt zum Absturz gebracht und hinterließ dabei einen Krater mit 16 Metern Durchmesser.
Geplant ist der Start einer Mission mit der Sonde BepiColombo. Die Mission soll Ende 2018 starten und die Sonde soll ihr Ziel 2024 erreichen und dann ein Jahr lang aktiv sein.