Einer der hellsten Sterne am Himmel ist ein, zumindest in Mitteleuropa, eher unbekannter Stern: Canopus, der hellste Stern seines Sternbildes, erleuchtet am südlichen Nachthimmel die Weiten des Weltalls. Der Gelbweiße Riese im Sternbild Kiel des Schiffes ist spätestens seit Claudius Ptolemäus (vermutlich 80 bis 160 n. Chr.) verzeichnet und doch hat er auch heute noch nicht all seine Geheimnisse verraten.

Alpha Carinae oder Canopus

Canopus ist auch als Alpha Carinae bekannt. Diese Bezeichnung entspricht der Bayer-Klassifikation, einer in der Astronomie üblichen systematischen Methode, um Sterne zu benennen. Die Bayer-Bezeichnung wurde bereits 1603 durch den deutschen Astronomen Johann Bayer entwickelt. Sterne werden demzufolge nach einem Buchstaben aus dem griechischen Alphabet, gefolgt vom Genetiv des lateinischen Namens des Sternenbildes benannt. So setzt sich Canopus‘ Bayer-Bezeichnung aus dem ersten Buchstaben des griechischen Alphabetes (Alpha) und Carinae, dem Genetiv von Carina (lateinisch Schiffkiel) zusammen.

Der Name Canopus wiederum findet seinen Ursprung in einem Schiffssteuermann, der im Dienste des mystischen Königs Menelaos stand. Canopus war demnach der beste Steuermann des Königs und begleitete diesen bei seiner Eroberung Trojas. Canopus selbst ist Namensgeber für Mount Canopus, einem zwischen 1961 und 1962 entdecken Berg in der Antarktis. Da Canopus nahe des Südpols steht und durch seine Helligkeit gut erkennbar ist, dient er vielen Raumflugkörpern als Leitstern.

Kiel des Schiffes

Das Sternenbild Kiel des Schiffes, oder Schiffkiel, wird im astronomischen Bereich Carina genannt. Das Sternbild ist Teil des Südhimmels und ist daher von Deutschland aus nicht zu sehen.

Carina ist zwischen 14° Nord und 90° Süd am nächtlichen Himmel zu finden. Zu beobachten ist Canopus vom südlichen Mittelmeer aus, dort kann er in den frühen Abendstunden über dem Südhorizont gesehen werden. Und auch in Südafrika ist, zumindest im Februar, das Sternenbild Kiel des Schiffes am Himmel erkennbar. Nachbarsternbilder des Kiel des Schiffes sind unter anderem das Segel des Schiffes, das Achterdeck des Schiffes sowie die Sternenbilder Maler, Fliegender Fisch und die Fliege.

Das Sternbild Kiel des Schiffes entspricht einer Größe von 494 Quadratgrad und steht an Platz 34 der 88 Sternbilder des Himmels. Zwar ist es eines der kleineren Sternbilder, jedoch verläuft die Milchstraße quer durch das Schiffkiel und verleiht dem Sternbild dadurch einen unvergleichbaren Anblick.

Bereits der griechische Mathematiker und Astronom Claudius Ptolemäus, welcher vermutlich zwischen 80 und 160 n.Chr. in Alexandria lebte, beschrieb Canopus als Teil des antiken Sternbildes Argo Navis. Dieses setzte sich aus den heute bekannten Sternbildern Kiel des Schiffes, Segel des Schiffes und Achterdeck des Schiffes zusammen. Erst viel später, 1763, wurde das Schiff Argo durch Nicolas Louis de Lacaille in die drei heute bekannten Sternbilder unterteilt. Die Notwendigkeit der Unterteilung ergab sich für die Astronomen durch die reine Größe des Argo Navis und die damit verbundene Unübersichtlichkeit.

Obwohl das Schiff Argo heute in drei verschiedene Sternbilder geteilt ist, wurden die ursprünglichen griechischen Buchstaben der Sterne gemäß der Bayer-Bezeichnung beibehalten. So kommt es, dass Canopus die Bezeichnung Alpha Carinae bekam, im Sternbild Achterdeck des Schiffes (Puppis) und Segel des Schiffes (Vela) jedoch keine Sterne mit der Bezeichnung Alpha Puppis oder Alpha Vela zu finden sind. Der ursprüngliche Name Argo Navis lässt sich auf das Schiff Jasons und seiner Argonauten zurückführen, die mit ihrer Suche nach dem goldenen Vlies auch heute noch eine große Bekanntheit besitzen.

Heller als die Sonne

Der Einheit der Helligkeit wurde der lateinische Begriff Magnitude zugeordnet, woraus sich wiederherum die Bezeichnung mag oder ein hochgestelltes kleines „m“ herleiten lassen. Auch wenn Canopus lediglich der zweithellste Stern am irdischen Himmel ist und eine scheinbare Helligkeit von -0,72 mag besitzt, täuscht die Entfernung zur Erde über seine wirkliche Helligkeit hinweg.

Zum Vergleich leuchtet Sirius, der hellste Stern am Nachthimmel, mit einer Helligkeit von -1 mag und die Sonne mit -26 mag. Sterne mit einer Helligkeit von bis zu 6 mag können mit bloßem Auge am Nachthimmel beobachtet werden.

Die Entfernung der Erde von Canopus wurde mit 326 Lichtjahren bemessen. Stünde Canopus nur 32,6 Lichtjahre von der Erde entfernt, besäße er eine Leuchtkraft von -5,5 mag und würde damit heller als die Venus am nächtlichen Himmel leuchten. Tatsächlich strahlt Canopus etwa 14.000-mal heller als unsere Sonne. In einer Umgebung von 700 Lichtjahren strahlt Canopus als hellster Stern.

Die Einteilung in mag Helligkeit geht auf den englischen Astronom Norman Robert Pogson zurück, der eine standardisierte Helligkeitsskala von Sternen entwickelte. Dazu setzt er das von Hipparchos eingeführte System der Größenklassen in ein logarithmisches Verhältnis. Das Helligkeitsverhältnis entspricht somit 1:100 in einer Größenklassendifferenz von 5. Theoretisch erhält die Erde somit 100-mal mehr Licht von einem Stern der ersten Größenklasse als von einem Stern der sechsten Größenklasse.

Canopus – Ein seltener Gelbweißer Riese

Canopus ist ein Gelbweißer Riese, vergleichbar mit der Sonne. Aufgrund seiner Oberflächentemperatur erscheinen solche Sterne weiß oder gelb. Canopus selbst besitzt eine vermutete Temperatur von 7.500 Kelvin an seiner Oberfläche. Zum Vergleich liegt die Temperatur der Sonne bei etwa 5.700 Kelvin.

Canopus besitzt die 8-fache Masse der Sonne und einen Durchmesser der 65-mal der Sonne entspricht. Bevor im Jahr 1989 die heute angenommene Entfernung von etwa 326 Lichtjahren ermittelt werden konnte, schwankten die Messungen von 96 zu ganzen 1.200 Lichtjahren. Diese enorme Differenz erklärt sich durch die seltene Spektralklasse Canopus‘ (F011).

Sterne der Spektralklasse F sind selten und noch wenig erforscht. Es ist unbekannt ob diese Sterne sich in der Entwicklung zu einem Roten Riesen befinden oder sich bereits von diesem Stadium weg entwickeln. Diese unbekannten Faktoren machen es Astronomen schwer, Sterne wie Canopus in ihrer Entfernung zu schätzen. Erst eine Parallaxenbestimmung, die nur mit Hilfe von Satelliten durchgeführt werden kann, machte es möglich die Entfernung von Canopus näher zu bestimmen.

Als Spektralklasse, manchmal auch Spektraltyp, wird eine Klassifizierung von Sternen anhand des Lichtspektrums verstanden. Dieses System beruht auf Joseph von Fraunhofer, welcher 1813 im Sonnenspektrum dunkle Absorptionslinien entdeckte. Einige Jahre später, im Jahr 1859, entdeckten Robert Wilhelm Bunsen und Gustav Robert Kirchhoff, dass sich durch die identische Lage der Absorptions- und Emissionslinien die chemische Zusammensetzung der Sonne ermitteln ließe.

Spektralklassen lassen sich in drei Gruppen unterteilen: O bis A stellen die frühe Spektralklasse, F bis G die mittlere Spektralklasse und die übrigen die späte Spektralklasse. Innerhalb dieser Gruppen bestehen insgesamt sieben Grundklassen, sowie drei Klassen für Braune Zwerge und drei Unterklassen für Besonderheiten der Roten Riesen.

Canopus wird in die Klasse F eingeteilt. Charakteristisch für Sterne in dieser Klasse sind das Vorkommen von Calcium (Ca II) sowie Metallen. Zudem besitzen sie eine typische Masse für die Hauptreihe von M von 1,7 und leuchten weiß bis gelblich. Ein Stern der Klasse G, zu der die Sonne gehört, hat eine typische Masse von 1,1 M.

Neben Canopus werden die Sterne Prokyon, der hellste Stern im Sternbild Kleiner Hund, und der Polarstern, der hellste Stern im Sternbild Kleiner Bär (in Deutschland Kleiner Wagen genannt), der Klasse F zugeordnet.

Canopus als Inspiration

Auch in der Literatur hat Canopus seinen Platz gefunden. So greift Frank Herbert in seinem Science-Fiction Roman „Dune“ (in Deutschland: Der Wüstenplanet) Canopus auf und benennt den Zentralstern des Planeten Arrakis, welcher die Kulisse der Handlung stellt, nach ihm. Im Buch „Der Auftrag“, geschrieben von Friedrich Dürrenmatt, ist Canopus der Hoffnungsträger des Protagonisten. Und auch im Romanzyklus „Canopus im Argos: Archive“ von Doris Lessing spielt Canopus neben Sirius und Puttiora eine Rolle als Herrschaftssitz einer der drei Sternenreiche.